Perspektive Arbeitswelt 01/2023

10 | vida ARBEITSWELT 1 - 2023 Abruf der AU-Daten Ursprünglich sollten Vertragsärzte die Daten der Arbeitsunfähigkeit (kurz: AU) gesetzlich Krankenversi- cherter seit dem 01.10.2021 elektro- nisch an die Krankenkassen über- mitteln. Die hierfür notwendige technische Infrastruktur konnte – auch bedingt durch die Corona- Pan- demie – nicht rechtzeitig flächende- ckend bei den Arztpraxen bzw. den Krankenkassen aufgebaut werden. Daher entschied das Bundesminis- terium für Gesundheit, den Verfah- rensstart zu verschieben. Dies hat sich auch auf den Start des elektronischen Übermittlungsverfah­ rens von AU-Daten (eAU) ausge- wirkt. Nachdem der Starttermin für den maschinellen Abruf der AU-Da- ten mehrfach verschoben wurde, ist es nun Anfang 2023 so weit. Bereits zum 01.01.2022 hatte ein gesetzlich geregeltes Pilotverfahren begon- nen, im Rahmen dessen alle Arbeit- geber den elektronischen Abruf tes- ten konnten. Informations- statt Vorlagepflicht Bis zum 31.12.2022 wird neben der digitalen Übermittlung der AU-Daten an die Krankenkassen weiterhin eine Papierbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber ausgestellt. Ab dem 01.01.2023 besteht nur noch eine „Informationsverpflichtung“ für gesetzlich Krankenversicherte; sie müssen ihren Arbeitgeber also weiterhin unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren vo- raussichtliche Dauer informieren. Ist der Arbeitnehmer nicht gesetz- lich versichert oder findet die ärzt- liche Untersuchung nicht bei einem Vertragsarzt statt, besteht die Ver- pflichtung zur Vorlage einer AU-Be- scheinigung beim Arbeitgeber fort. Abruf erst nach Mitteilung durch den Arbeitnehmer Auf Basis der Information des Ar- beitnehmers kann der Arbeitgeber für Zeiträume, für die ein Beschäf- tigungsverhältnis bei ihm besteht oder bestand, die eAU bei der Krankenkasse anfordern. Ein regel- mäßiger wie auch automatisierter Abruf von Arbeitgebern ist nicht zulässig. Zudem muss jede einzel- ne AU-Bescheinigung (Erst- und Folgebescheinigungen) separat bei der Krankenkasse angefordert wer- den. Die Krankenkasse meldet dem Arbeitgeber dann – analog der bis- herigen AU-Bescheinigung – die ihr jeweils vorliegenden Daten. Abruf der Erstbescheinigung War der Arbeitnehmer vor der ak- tuellen Arbeitsunfähigkeit – wenn auch nur für kurze Zeiträume – ar- beitsfähig, dann ist von einer Neu- erkrankung auszugehen. In diesem Fall gibt der Arbeitgeber als Beginn der Arbeitsunfähigkeit das erstma- lige Fehlen des Arbeitnehmers in diesem Krankheitsfall an. Aufgrund der gesetzlichen Vorga- ben bedarf es im Regelfall der Vor- lage einer AU-Bescheinigung erst ab dem vierten Tag der Arbeitsun- fähigkeit. Diese Abweichung wird dadurch kompensiert, dass die Krankenkassen bei Eingang der An- forderung der eAU prüfen, ob ein AU-Fall zu dem Datum vorliegt. Liegt ein entsprechender AU-Zeit- raum vor, so wird dieser entspre- chend der Anforderung dem Arbeit- geber übermittelt. Liegt hingegen kein passender AU-Zeitraum vor, antwortet die Krankenkasse mit Meldegrund „4 – eAU liegt nicht vor“. Damit keine stetigen neuen Anfra- gen durch den Arbeitgeber erfol- gen, stellt die Rückmeldung mit dem Meldegrund „4“ eine Zwi- schennachricht der Krankenkasse dar. Diese prüft weitere 14 Tage regelmäßig, ob ein Eingang der Da- ten erfolgt und übermittelt sie un- aufgefordert an den Arbeitgeber. Fallen Zeiten eines stationären Auf- enthalts im Krankenhaus in den An- fragezeitraum, werden diese Zeiten und parallel auch ggf. die vorliegen- den eAU-Daten übermittelt. Abruf der Folgebescheinigung War der Arbeitnehmer vor der ak­ tuellen Arbeitsunfähigkeit durchge- hend arbeitsunfähig, ist von einer Folgebescheinigung auszugehen. In diesem Fall gibt der Arbeitgeber als Beginn der Arbeitsunfähigkeit den Tag nach dem Ende der vorherigen eAU an. Die Prüfung der Kranken- kasse erfolgt dann analog zum Ab- ruf einer Erstbescheinigung. Auf- grund eines Wechsels des Arztes oder einer Mitbehandlung durch einen Facharzt bzw. aufgrund eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus können mehrere Mel- dungen für eine Anfrage vorliegen. Damit die Arbeitgeber unverfälschte Daten erhalten, werden alle relevan- ten Datensätze an ihn weitergege- ben. Elektronische AU-Bescheinigung (eAU) 3 Jährlich werden ca. 77 Mio. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (kurz: AU-Bescheinigung) in vierfacher Papierform (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Krankenkasse, Arzt) ausgestellt. Somit sind jährlich rund 308 Mio. Papierbescheinigun- gen manuell auszuwerten und abzulegen – Grund genug, dieses Verfahren zu digitalisieren.

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