Perspektive Arbeitswelt 02/2024

8 | vida ARBEITSWELT 2 - 2024 Arbe & Webinar statt Präsenzschulung? Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) haben Betriebsräte Anspruch auf für die Betriebsratsarbeit er- forderliche Schulungen, deren Kosten der Arbeitgeber zu tragen hat. Davon können Übernachtungs- und Ver- pflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar auch dann erfasst sein, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet. Bei der Arbeitgeberin – einer Fluggesellschaft – ist durch Tarifvertrag eine Personalvertretung (PV) errich- tet, derenSchulungsanspruch sich nach dem BetrVG richtet. Die PV entsandte zwei ihrer Mitglieder zu einer mehrtägigen betriebsverfassungsrechtlichen Grund- lagenschulung Ende August 2021 in Potsdam. Hierfür zahlte die Arbeitgeberin die Seminargebühr, verweiger- te aber die Übernahme der Übernachtungs- und Ver- pflegungskosten. Dies begründete sie vor allem damit, die Mitglieder der PV hätten an einem zeit- und inhalts- gleich angebotenen mehrtägigen Webinar desselben Schulungsanbieters teilnehmen können. In dem von der PV eingeleiteten Verfahren hat diese geltend gemacht, dass die Arbeitgeberin auch die Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu tragen hat. Hierzu haben die Vorinstanzen die Arbeitgeberin verpflichtet. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Arbeit­ geberin hatte vor dem Siebten Senat des Bundes­ arbeitsgerichts (BAG) keinen Erfolg. Ebenso wie ein Betriebsrat hat die PV bei der Beurteilung, zu welchen Schulungen sie ihre Mitglieder entsendet, einen ge- wissen Spielraum. Dieser umfasst grundsätzlich auch das Schulungsformat. Dem steht nicht von vornherein entgegen, dass bei einem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung der Schulungs- teilnehmer regelmäßig höhere Kosten anfallen als bei einem Webinar (BAG – AZ: 7 ABR 8/23). Resturlaub: Ansprüche bleiben meist erhalten Landläufig hält sich nach wie vor die Meinung, dass Resturlaub aus dem Vorjahr bis Ende März des Folge- jahres genommen werden müsse, da er sonst verfällt. Begründet wird dies unter anderem mit dem Bundes- urlaubsgesetz. Dieses regelt den Mindesturlaub für Arbeitnehmer und formuliert, dass der „Urlaub […] im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen wer- den“ muss. „Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Über- tragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.“ Auf diese Regelung können sich Arbeitgeber allerdings nur berufen, wenn sie ihre Arbeitnehmer zuvor recht- zeitig darauf hingewiesen und zum Urlaub aufgefordert haben. Das hat unter anderem das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 19.02.2019 festgestellt (9 AZR 541/15). Danach erhöht der ungenutzte (Mindest-)Urlaub den Urlaubsanspruch des Folgejahres, wenn der Arbeit- geber solche urlaubsrechtlichen Hinweise unterlässt. Entsprechend können im Laufe der Jahre erhebliche Urlaubsansprüche zusammen kommen. Doch es gibt Grenzen, wie das BAG mit Urteil vom 31.01.2023 entschieden hat (9 AZR 456/20). Die auf­ gelaufenen Ansprüche sind danach grundsätzlich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Ab diesem Zeitpunkt kommt es nicht mehr darauf an, ob der Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses seine urlaubsrechtlichen Mitwirkungspflichten erfüllt hatte oder nicht. Der Abgeltungsanspruch verjährt in jedem Fall in drei Jahren, gerechnet ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Ar- beitsverhältnis ausgeschieden ist.

RkJQdWJsaXNoZXIy NTM3NjI=