Perspektive Arbeitswelt 02/2025

Arbe & Freistellung: Keine Pflicht zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung Wird ein Arbeitnehmer freigestellt, ist der nicht ver- pflichtet, diese Phase dadurch Aufnahme einer neuen Beschäftigung zu verkürzen. Eine entsprechende Forde- rung eines Arbeitgebers hat das Bundesarbeitsgericht jetzt in einem Urteil abgewiesen (AZ: 5 AZR 127/24). Vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht ging es da- rum, dass ein Arbeitgeber seinemArbeitnehmer ordent- lich kündigte. Bis zum Ende der Kündigungsfrist stellte er ihn von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Innerhalb dieser Zeit ließ er dem Arbeitnehmer zahlreiche Stellenangebote zukommen, die nach seiner Ansicht auf das Profil des Gekündigten gepasst hätten. Weil es der Arbeitnehmer unterließ, sich frühzeitig auf diese Stellen zu bewerben, verweigerte der Arbeitgeber die weitere Lohnzahlung während der Freistellungspha- se. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer mit seiner Klage und bekam nun vor dem Bundesarbeitsgericht Recht. Der Arbeitgeber, so die Richter, habe sich während der Freistellung im Annahmeverzug befunden. Entspre- chend schulde er dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist. Nicht erzielten anderweitigen Verdienst müsse sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Das käme allenfalls dann in Erwägung, wenn ihm die Beschäftigung des Ar- beitnehmers in dieser Zeit unzumutbar gewesen wäre. Dementsprechend bestand hier für den Arbeitnehmer keine Verpflichtung, schon vor Ablauf der Kündigungs- frist zur finanziellen Entlastung des Arbeitgebers ein an- derweitiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen und daraus Verdienst zu erzielen Abholen von Arbeitsschlüsseln kann unfallversichert sein Wer nach einer privaten Reise Arbeitsschlüssel von zu- hause abholen will und dabei einen Unfall erleidet, ist möglicherweise unfallversichert. Dies hat das Bundes- sozialgericht kürzlich entschieden (AZ: B 2 U 15/22 R). In dem Fall fuhr eine Arbeitnehmerin früh morgens nach einem privaten Wochenendausflug zurück zu ih- rer Wohnung, in der sich Schlüssel und Unterlagen für ihren anschließenden Arbeitseinsatz bei der Eröffnung eines Gemeindezentrums befanden. Wenige Kilometer vor ihrem Wohnort verunglückte sie mit ihrem Pkw und wurde schwer verletzt. Die Berufsgenossenschaft und die Vorinstanzen lehn- ten die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Das sahen die Richter am Bundessozialgericht anders. Zwar sei es zutreffend, dass sich die Frau nicht auf einem versicher- ten Arbeitsweg befand, weil sie im Zeitpunkt des Unfalls nicht auf demWeg zu ihrem Arbeitsort war, sondern auf dem zu ihrer Wohnung. Das allein reiche jedoch nicht aus, um einen Versicherungsschutz abzulehnen. Denn, so die Richter weiter, die Klägerin könne sich auf einem versicherten Betriebsweg befunden haben, wenn sie den Weg zur Aufnahme von Arbeitsschlüsseln und -un- terlagen in ihrer Wohnung in Umsetzung einer Weisung ihres Arbeitgebers zurückgelegt hat. Wenn es keine solche Weisung gäbe, käme es darauf an, dass sie insoweit in ihrer Wohnung verwahrtes Arbeitsgerät holen wollte, das für die Aufnahme oder Verrichtung ihrer Arbeit unentbehrlich war. Die hierfür erforderlichen Feststellungen muss nun das Landesso- zialgericht, an das der Fall zurückverwiesen wurde, ins- gesamt nachholen. 8 | vida ARBEITSWELT 2 - 2025

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