Perspektive Arbeitswelt 03/2023

| 15 ONLINE MACHT STRESS Wer ständig online ist, hat jede Menge zeitraubende Verpflichtungen: Die diversen Social-Media-Accounts wollen ständig gepflegt werden, jede Mahlzeit wird in einem Foto verewigt und gepostet, der perfekte Au- genblick in einem Selfie festgehalten und geteilt. Und nur die Dokumentation eines richtig tollen Events sorgt für die heiß begehrten Likes. Beim Lauf durch den Park werden Laufzeiten, Schrittzahlen und Pulsfrequenzen dokumentiert und gecheckt, auf der Suche nach dem besten Schnäppchen sicherheitshalber mehrmals am Tag die Angebote sondiert. Und auch aus einem Spiel kann schnell ein Zwang werden, denn eine neue Spiel- runde könnte die bisher erreichte Punktzahl vielleicht noch toppen. Eine Verschärfung der Spielpflicht fin- det in Online-Rollenspielen statt, denn hier müssen zu jeder Tages- und Nachtzeit wichtige Missionen erfüllt werden. Und dabei darf man die Spielergemeinschaft auf keinen Fall hängen lassen. Das ist schon mal Stress pur. Exzessive Onlinenutzung kann leicht abgleiten in eine echte Sucht mit all ihren negativen Folgen für die körperliche und seelische Gesundheit. DIE NEUE LEICHTIGKEIT Der harte Schnitt mit einem kompletten Rückzug aus der Online-Präsenz ist natürlich eine wirklich große Heraus- forderung. Wer sich dieser nicht gewachsen sieht, setzt auf Teilzeitfasten: So werden Social-Media-Accounts beispielsweise nur noch einmal täglich gepflegt und ihre Zahl wird drastisch beschränkt. Ab 20 Uhr abends gehen alle Geräte offline. Online-Shopping ruht ganz oder unterliegt einem strikten Zeitkontingent von einer halben Stunde wöchentlich bei finanzieller Begrenzung. Spielzeiten werden gestrichen oder beschränken sich auf zwei Stunden am Wochenende. Der Verzicht sorgt vielleicht zunächst für Verunsicherung: Was bloß tun mit all der freien Zeit? Oder auch für Ängste: Werde ich überhaupt noch zu Partys eingeladen? Doch schon recht bald überwiegen die positiven Erfah- rungen des Online-Fastens: Abends trifft man sich mit Freunden zum Kochen oder zu einem Spieleabend mit Brett- oder Kartenspielen. Nach der Arbeit bleibt Zeit für einen langen Spaziergang, eine Radtour oder ein paar Bahnen im Schwimmbad. Beim Joggen genießt man die Ruhe, den Gesang der Vögel und das Rauschen des Windes. Statt stundenlang verkrampft auf den Bild- schirm zu starren, stärkt und entspannt man sich in der Sauna, beim Yoga oder beim Tai Chi. DIE DOSIS MACHT DAS GIFT Fasten, also Verzicht, bedeutet den Abschied von einge- fahrenen Gewohnheiten. Damit einher geht aber immer auch eine Art Entgiftung auf körperlicher und seelischer Ebene. Das Plus an freier Zeit sorgt für Entspannung und Ausgeglichenheit. Eine begrenzte, aber durchaus strenge Zeit des Internet-Fastens öffnet die Augen für das rechte Maß im Umgang mit Online-Medien. Lang- fristiges Ziel ist es, die Vorteile des Netzes zu nutzen, ohne sich zum Sklaven machen zu lassen. UND SO GEHT’S: • Ausgleich für Online schaffen: Wer eine halbe Stunde spielt, macht als Ausgleich einen langen Spaziergang und lässt dabei das Smartphone zu Hause. • Im Urlaub auch mal für längere Zeit ganz offline gehen. • Der Kontakt zu weit entfernt lebenden Freunden und Verwandten bleibt mithilfe des Internets eng, Freunde in der Nähe jedoch trifft man lieber abends und am Wochenende. • Statt sehnsüchtig die exotischen Urlaubsziele in den Netzwerken durchzuklicken, einfach mal eine längere Wanderung in der Nähe angehen; Bewegung an frischer Luft ist Balsam für Körper und Seele. • Spielfreaks ersetzen Spielzeiten durch neue Gewohnheiten wie einen Kochkurs oder Sportkurs oder treffen sich mit Freunden zum Spieleabend. • Online-Käufer führen Wunschlisten und warten mindestens eine Woche, bevor sie eine endgültige Kaufentscheidung treffen. Alternative: Sie gehen in der nächsten Stadt einkaufen, das sorgt gleichzeitig für Bewegung. • Am Bett haben Laptop und Smartphone nichts verloren, das Wecken übernimmt ein einfacher Wecker. • Beim Essen ist der Blick aufs Smartphone absolut tabu, lieber mit allen Sinnen die Mahlzeit genießen. • Push-Mitteilungen deaktivieren, nicht jede WhatsApp- Nachricht muss sofort gelesen und beantwortet werden. • Wer für Fotos seine alte Kamera reaktiviert, muss nicht bei jeder Gelegenheit sein Smartphone zücken.

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