Perspektive Arbeitswelt 04/2022

| 9 ZAHLEN/DATEN/ FAKTEN Hochstapler-Phänomen: Wenn Selbstzweifel überhandnehmen Menschen, die sich und ihre eige- ne Leistung systematisch unter- schätzen, leiden am sogenannten Hochstapler-Phänomen. Deutsche Forscher haben untersucht, wer besonders häufig betroffen ist. Hierüber informiert aponet.de , das offizielle Gesundheitsportal der deutschen ApothekerInnen, in einer Pressemitteilung. Dass Menschen ihre Fähigkeiten hin und wieder infrage stellen, ist nor- mal. „Ein gesundes Maß an Reflexi- on und Zweifel kann vor unüberleg- ten Handlungen schützen“, sagt Kay Brauer vom Institut für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg (MLU). Es gibt jedoch Menschen, die trotz guten Noten oder positivem Feedback am Ar- beitsplatz dauerhaft von Selbstzwei- feln geplagt sind. Diese Menschen leiden am sogenannten Hochstap- ler- oder Impostor-Phänomen. In einer neuen Studie hat Breuer das Phänomen gemeinsam mit sei- nem Team nun erstmals in einer realen Situation untersucht: 76 Teilnehmerinnen und Teilnehmer absolvierten verschiedene Intelli- genzaufgaben und bekamen dafür unabhängig von ihrer wirklichen Leistung positive Rückmeldungen. Die Untersuchung führte zu zwei Ergebnissen: Erstens steht der selbst­ berichtete Grad des Hochstapler- Phänomens in keinem Zusammen­ hangmit der gemessenen Intelligenz. Zweitens bestätigte der Test die Annahme, dass Menschen mit Nei- gung zum Hochstapler-Phänomen ihre objektiv gemessene Leistung überdurchschnittlich stark abwerten und positive Resultate externen Ursachen wie Glück und Zufall, je- doch nicht der eigenen Fähigkeit zuschreiben. Junge Freiberufler fühlen sich am stärksten belastet Unsichere Auftragslage, Zeitdruck und Arbeiten bis spät in die Nacht – Soloselbstständige gönnen sich kaum Erholungstage und wenig Urlaub. Zudem ist die Arbeitsbelas- tung hoch. Das ist das Ergebnis ei- ner Umfrage, die das Institut für Ar- beit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) für die Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) durchgeführt hat. Demnach hängt die Arbeitsbelas- tung mit der Dauer der Selbständig- keit zusammen. Erfahrene Soloselb- ständige arbeiten zwar insgesamt länger, die Jüngeren neigen aber oft zu extremen Arbeitszeiten und gestalten diese besonders flexibel. Das deutet darauf hin, dass jünge- re Soloselbständige eher riskieren, sich gesundheitlich zu überfordern. Im Mittel nehmen Soloselbständi- ge 22,6 Urlaubstage im Jahr. Das ist deutlich unter dem Durchschnitt der Beschäftigten in Deutschland, der laut Statistischem Bundesamt bei 30,9 Tagen im Jahr 2019 lag. Fast jede zehnte befragte Person gibt an, überhaupt keinen Urlaub zu nehmen. Die Anzahl der Urlaubsta- ge nimmt mit den Jahren zu und ab dem 35. Lebensjahr wieder ab. Auch in ihrer Erholungszeit denken die meisten Befragten zumindest gelegentlich an ihre Arbeit, was jedoch von zwei Dritteln nicht als belastend empfunden wird. Anders verhält es sich bei den jüngeren Selbstständigen: Etwa die Hälfte der 25- bis 34-Jährigen nehmen belastende Gedanken an die Arbeit mit in den Feierabend. Zudem gibt fast jeder zweite der 19- bis 24-Jäh- rigen an, sich nach dem Job nicht mehr zu Freizeitaktivitäten aufraf- fen zu können. Dass sich die jungen Selbstständigen im Vergleich am stärksten belastet fühlen, seltener einen strukturierten Arbeitstag mit definierten Pausen und Feierabend haben und am wenigsten Urlaub nehmen, könnte eine Erklärung da- für sein.

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