Perspektive Arbeitswelt 04/2022

Seit einiger Zeit kommen neue Ängste und Sorgen hin- zu: Globale Umwelt- und Klimaprobleme, Energiekrise, neue Pandemien, die Furcht vor einem Finanzcrash und die Angst vor einem Krieg in Europa. Im Unterschied zu den Ängsten, die durch ganz kon- krete Ereignisse im eigenen Leben ausgelöst werden, sind die neuen Ängste im Moment eher noch abstrakt: Sie richten sich auf Ereignisse, die die meisten Men- schen noch nicht betreffen, deren Eintreten aber von Experten prognostiziert oder für wahrscheinlich gehal- ten wird. Auch diese Ängste führen dazu, dass immer mehr Menschen sich in einem permanenten Krisenmo- dus befinden, aus dem sie nicht mehr herauskommen. In der Folge erscheint das Leben weniger lebenswert, die Lebensenergie nimmt ab, anstehende Entscheidun- gen werden blockiert, weil jede Perspektive zu fehlen scheint. Nicht ohne Grund ist die Zahl psychischer Er- krankungen in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Das Bundesministerium für Gesundheit schreibt dazu: „Rund zehn Prozent der Fehltage bei den Berufstätigen gehen auf Erkrankungen der Psyche zurück. Weltweit zählen Depressionen, Alkoholerkrankungen, bipolare Störungen und Schizophrenien zu den häufigsten Er- krankungen. Gerade seit den letzten zehn Jahren ma- chen psychische Erkrankungen auch in Deutschland einen immer größeren Anteil im Diagnose- und Be- handlungsspektrum aus.“ Die Wartezeit auf eine Psy- chotherapie kann mittlerweile jedoch mehrere Monate betragen. Strategien gegen das Überhandnehmen von Ängsten Gelegentlich Angst zu haben ist eigentlich ganz normal. Angst schützt sogar davor, sich in Gefahr zu begeben. Doch manchmal entwickeln Ängste sich zu ausgewach- senen Angststörungen. Fast jeder dritte Mensch leidet im Laufe seines Lebens an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkran- kung. Doch so weit sollte man es gar nicht erst kommen lassen. Diese Dinge können Sie selbst tun, wenn Sie merken, dass Ängste in Ihrem Leben überhandnehmen: • Versuchen Sie, den angstauslösenden Anlass ratio­ nal einzuordnen: Betrifft das, worüber Sie sich starke Sorgen machen, wirklich Sie persönlich? • Reden Sie über Ihre Ängste. Suchen Sie Rat im Fa- milien- oder Freundeskreis. Das Gefühl, nicht allein gelassen zu werden, ist sehr wichtig. Bieten umge- kehrt auch Sie selbst Betroffenen Unterstützung an. • Nutzen Sie das Angebot von Selbsthilfegruppen, wenn Sie in Ihrem Umfeld keine geeigneten An- sprechpartner finden. Auf www.nakos.de finden Sie Hinweise zu lokalen Gruppen. „Nakos“ steht für „Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur An- regung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen“. • Wenn Sie Ängste und Sorgen haben: Alkohol und Drogen sind keine Problemlöser. Im Gegenteil, sie verschlimmern bestehende Probleme nur. Sorgen Sie stattdessen für mehr Bewegung. Treiben Sie Sport. Auf diese Weise können Sie die Freisetzung körpereigener Glückshormone ankurbeln und Ängs- ten entgegenwirken. • Schaffen Sie auch und gerade in Zeiten starker Be- lastungen Freiräume für schöne Erlebnisse. Unter- nehmen Sie etwas, was Ihnen Freude macht. • Gegen viele angstauslösende Faktoren lässt sich et- was unternehmen. Ganz gleich, ob Krankheit, finan- zielle Sorgen oder familiäre Probleme: Werden Sie aktiv. Suchen Sie nach Problemlösungen. Packen Sie es an, stellen Sie sich Ihrer Angst – und Sie wer- den merken, dass so mancher Angstmacher plötz- lich an Bedeutung verliert. • Wenn Sie merken, dass Sie ohne professionelle Hilfe nicht weiterkommen, wenden Sie sich frühzeitig an Ihre hausärztliche Praxis. Ihr Hausarzt wird versu- chen, Ihnen schnellstmöglich psychotherapeutische Hilfestellungen zukommen zu lassen. Die Quellen unserer Ängste | 15

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