Perspektive Arbeitswelt 04/2023
| 9 ZAHLEN/DATEN/ FAKTEN Tarifbindung: Schleichender Bedeutungs- verlust setzt sich fort Nachdem die Tarifbindung in Deutschland in den Jahren 2020 und 2021 kurzzeitig stabil blieb, verlor sie im letzten Jahr wieder an Bedeutung: Im Jahr 2022 arbeiteten rund 43 Prozent der westdeutschen und etwa 33 Prozent der ostdeut- schen Beschäftigten in einem Be- trieb mit Branchentarifvertrag. Der bundesweite Durchschnitt lag bei 41 Prozent. Das zeigen Daten des IAB-Betriebspanels, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsfor- schung (IAB) veröffentlichte. In der Gesamtwirtschaft sank da- mit der Anteil der Beschäftigten in branchentarifgebundenen Be- trieben von 1996 bis 2022 in West- deutschland um insgesamt 26 Prozentpunkte, in Ostdeutschland – ausgehend von einem deutlich nied- rigeren Niveau – um 23 Prozent- punkte. „Die sinkende Tarifbindung ist weitestgehend auf den Rückgang der Branchentarifbindung in der Pri- vatwirtschaft zurückzuführen, denn im öffentlichen Sektor blieb diese weitgehend stabil“, berichtet IAB- Forscherin Susanne Kohaut. Auch die betriebliche Mitbestim- mung durch Betriebs- und Per- sonalräte ist in Ost- wie in West- deutschland seit Jahren tendenziell rückläufig, wenn auch mit leichten Stabilisierungstendenzen in Ost- deutschland. So arbeiteten in den Jahren 2021 und 2022 etwa 43 Pro- zent der Beschäftigten in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat. Gut 40 Prozent aller Beschäftigten ar- beiteten in Betrieben, die weder tarifgebunden sind, noch über eine gesetzlich verankerte betriebliche Mitbestimmung verfügen. Für das IAB-Betriebspanel werden jährlich rund 15.500 Betrieben be- fragt. Leben und arbeiten in Europa: Rentenansprüche sichern In verschiedenen europäischen Staaten zu leben und zu arbeiten – für viele Menschen ist das Alltag. Wichtig hierbei: Auch Zeiten im Ausland können für den späteren Rentenanspruch relevant sein. Sie sollten deshalb unbedingt beim zu- ständigen Rentenversicherungsträ- ger angegeben werden. Hierüber informiert die Deutsche Rentenver- sicherung. Um eine Rente zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, zum Beispiel muss eine soge- nannte Mindestversicherungszeit erreicht werden. Für langjährig Ver- sicherte, die mit 63 in Rente gehen wollen, liegt diese in Deutschland bei 35 Jahren. Beschäftigungszei- ten, die in verschiedenen Ländern zurückgelegt wurden, können dafür zusammengerechnet werden. Eine Zusammenrechnung der Zeiten erfolgt nach europäischem Gemein- schaftsrecht zwischen den Staaten der Europäischen Union sowie bei Liechtenstein, Island, Norwegen und der Schweiz. Mit vielen anderen Staaten hat Deutschland Sozialver- sicherungsabkommen geschlossen, etwa mit Tunesien, der Türkei, den USA und Australien. Diese enthal- ten entsprechende Regelungen zur Zusammenrechnung von Zeiten. Sind die Voraussetzungen für eine Rente erfüllt, zahlt grundsätzlich jedes Land die Leistung aus den dort zurückgelegten Zeiten. Deshalb können Rentenzahlungen zeitgleich aus mehreren Staaten erfolgen. Wer die Mindestversicherungszeit trotz der Zusammenrechnung von Zeiten nicht erfüllt und somit keine Rente erhält, kann sich die gezahl- ten Beiträge in der Regel erstatten lassen.
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