Beschäftigung Schwerbehinderten quote: - Ausgleichsabgabe 2025 Teilzeit: Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung KI-Agenten im Unternehmen: Chancen und Grenzen - Mindestlohn und Mindestausbildungs vergütung Oktober 2025 Das Magazin der vivida bkk ARBEITSWELT
2 | vida ARBEITSWELT 4 - 2025 Liebe Leserin, lieber Leser, Mindestlohn und Mindestausbildungsvergütung gehören zu den wichtigen Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland. Sie sollen faire Bezahlung sichern, soziale Gerechtigkeit fördern und jungen Menschen eine finanzielle Grundlage während ihrer Ausbildung bieten. Mehr hierzu und zu den geplanten Anpassungen lesen Sie auf den Seiten 4 und 5 dieser Ausgabe. In Deutschland leben rund 7,9 Millionen Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung, das entspricht etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Um ihnen eine aktive Teilnahme am Arbeitsleben zu ermöglichen, müssen private und öffentliche Arbeitgeber eine bestimmte Quote an schwerbehinderten Menschen beschäftigten. Unser Beitrag auf den Seiten 6 und 7 gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen. Der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung für Teilzeitbeschäftigte war in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand der höchstrichterlichen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Die beitragsrechtlichen Konsequenzen daraus wurden von den Sozialversicherungsträgern mehrfach erörtert. Die Seiten 10 bis 13 informieren über die wichtigsten Regelungen und die aktuelle Rechtsprechung zum Thema. Künstliche Intelligenz (KI) ist längst keine Zukunftsvision mehr, sondern bereits in vielen Unternehmen Realität. Neben bekannten Anwendungen wie Chatbots oder Sprachassistenten rückt derzeit eine neue Form intelligenter Systeme in den Fokus: sogenannte KIAgenten. Sie versprechen, komplexe Aufgaben eigenständig zu übernehmen und ganze Prozesse zu unterstützen. Doch was bedeutet das konkret, wo liegen die Potenziale – und wo die Grenzen? Antworten hierauf finden sich auf den Seiten 14 und 15 dieser Ausgabe. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihre vivida bkk Impressum Herausgeber und Verlag: inside partner Verlag und Agentur GmbH Am Bahndamm 9 48739 Legden Telefon (0 25 66) 933 99 - 0 Telefax (0 25 66) 933 99 - 99 info@inside partner.de www.inside-partner.de © inside partner Gender-Hinweis Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Zeitschrift auf geschlechts- bezogene Formulierungen verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung. Bildnachweise: Titelseite und Seite 4 bis 5: © Friends Stock - stock.adobe.com Seite 6: © AnnaStills - stock.adobe.com Seite 7: © Halfpoint - stock.adobe.com Seite 8: © fotogestoeber - stock.adobe.com Seite I bis IV: © goodluz - stock.adobe.com Seite II: © Iconic Space - stock.adobe.com Seite 9: © littlewolf1989 - stock.adobe.com Seite 10 bis 13: © Drazen - stock.adobe.com Seite 14 und 15: © khunkornStudio - stock.adobe.com Rückseite: © vivida bkk
| 3 Mit vier zusätzlichen Seiten in der I bis IV Heftmitte: Auf den ersten Blick BGFvida SPEZIAL Betriebliche Gesundheitsförderung Künstlersozialversicherung: Abgabe sinkt auf 4,9 Prozent Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zur Künstlersozialabgabe-Verordnung 2026 (KSA-VO 2026) die Ressort- und Verbändebeteiligung eingeleitet. Danach wird der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung im kommenden Jahr auf 4,9 Prozent gesenkt. Was ist die Künstlersozialversicherung? Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit mehr als 190.000 selbständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 Prozent), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt und beträgt derzeit 5,0 Prozent. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte. Rechtskreistrennung bei Beitragsnachweisen entfällt ab 2026 Zum 01.01.2026 müssen Arbeitgeber in der Sozialversicherung keine Beitragsnachweise mehr nach den Rechtskreisen Ost und West trennen. Bislang galt: Beschäftigte in Ost- und Westdeutschland erforderten jeweils separate Beitragsnachweise. Diese Pflicht entfällt nun. Ab 2026 ist ein einheitlicher Nachweis für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausreichend – unabhängig vom Beschäftigungsort. Das gilt auch dann, wenn sich der Nachweis noch auf Zeiträume vor dem 31.12.2025 bezieht. Bereits seit Jahresbeginn 2025 ist im DEÜV-Meldeverfahren keine Angabe des Rechtskreises mehr erforderlich. Mit dem Jahreswechsel 2025/2026 werden auch das SV-Meldeportal und alle zertifizierten Lohn- und Gehaltsabrechnungsprogramme angepasst, sodass die Änderungen technisch automatisch umgesetzt werden. Inhalt Seite Auf den ersten Blick: Neuigkeiten zur Sozialversicherung 3 Beschäftigung: Mindestlohn und Mindestausbildungsvergütung 4 und 5 Schwerbehindertenquote: Ausgleichsabgabe 2025 6 und 7 Arbeit und Recht 8 Zahlen, Daten, Fakten 9 Teilzeitbeschäftigung: Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung 10 bis 13 KI-Agenten im Unternehmen: Chancen und Grenzen 14 und 15
4 | vida ARBEITSWELT 4 - 2025 Mindestlohn 2026 Zum 01.01.2026 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 13,90 Euro /Stunde (2025: 12,82 Euro) und ab 2027 auf 14,60 Euro / Stunde. Wichtig: Der gesetzliche Mindestlohn gilt u. a. nicht für: • Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, • Auszubildende – unabhängig von ihrem Alter – im Rahmen der Berufsausbildung (nicht zu verwechseln mit der so genannten Mindestausbildungsvergütung), • Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitslosigkeit, • Praktikanten, wenn das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung stattfindet, • Praktikanten, wenn das Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer von drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums dient, • Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung zu einer Berufsausbildung oder an einer anderen Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen, • ehrenamtlich Tätige, • Freiberufler und Selbstständige. Branchenmindestlöhne Gegenüber diesem gesetzlichen Mindestlohn greift ein Branchenmindestlohn für die Beschäftigten einer bestimmten Branche, für die er für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Insoweit darf dann nicht auf einen niedrigeren gesetzlichen Mindestlohn zurückgegriffen werden. Beim Branchenmindestlohn gelten die Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn nicht. Mindestlohn und Mindestausbildungsvergütung gehören zu den wichtigen Instrumenten der Arbeitsmarkt- politik in Deutschland. Sie sollen faire Bezahlung sichern, soziale Gerechtigkeit fördern und jungen Menschen eine finanzielle Grundlage während ihrer Ausbildung bieten. Beschäftigung: Mindestlohn und Mindestausbildungsvergütung
| 5 Ein Branchenmindestlohn ist nur die unterste Lohngrenze. In der Regel sehen die Tarifverträge weitere, höhere Lohn- oder Entgeltgruppen vor; je nach Qualifikation, Tätigkeit, Betriebszugehörigkeit. Wer die Voraussetzungen für höhere Lohn- oder Entgeltgruppen erfüllt, dem stehen nach dem Tarifvertrag in der Regel auch höhere Löhne bzw. Entgelte zu, wenn der Tarifvertrag anwendbar ist. Konsequenzen für Mini- und Midijobs Da die Minijob-Grenze seit dem 01.10.2022 rechnerisch mit dem Mindestlohn zusammenhängt, kommt es ab 2026 zu einer deutlichen Anhebung der Verdienstgrenze im Minijob: Statt wie bisher 556,00 Euro monatlich, dürfen Minijobber ab 2026 bis zu 603,00 Euro im Monat hinzuverdienen Mindestausbildungsvergütung 2025 und 2026 Seit Anfang 2020 gilt in Deutschland eine gesetzlich festgeschriebene Mindestausbildungsvergütung (MAV). Ziel dieser Regelung ist es, jungen Menschen eine faire und existenzsichernde Bezahlung während der Ausbildung zu garantieren – unabhängig davon, in welchem Betrieb oder welcher Branche sie tätig sind. Gesetzliche Grundlage Die Mindestausbildungsvergütung ist im Berufsbildungsgesetz (§ 17 BBiG) verankert. Sie gilt für alle Auszubildenden, die nach dem BBiG oder der Handwerksordnung ausgebildet werden. Tarifverträge können allerdings abweichende – meist höhere – Regelungen vorsehen. Betriebe, die tarifgebunden sind, richten sich vorrangig nach den dort vereinbarten Vergütungen. Höhe der Vergütung Die jährliche Festlegung der Mindestausbildungsvergütung erfolgt anhand der durchschnittlichen Entwicklung der vertraglich vereinbarten Ausbildungsvergütungen. Für das zweite Ausbildungsjahr wird dieser Wert um 18 % erhöht, für das dritte um 35 % und für das vierte um 40 %. Die Mindestausbildungsvergütung für Berufsausbildungen, die 2026 beginnen, wird voraussichtlich im November 2025 bekanntgegeben. Monatliche Mindestausbildungsvergütung Ausbildungsbeginn Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 2025 682,00 Euro 805,00 Euro 921,00 Euro 955,00 Euro 2026 Bekanntmachung im November 2025 Ausnahmen Ausnahmen von der Mindestvergütung sind möglich. So sieht das Gesetz eine geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung auch dann als angemessen an, wenn diese unter der jeweils geltenden Mindestausbildungsvergütung liegt. Für nicht tarifgebundene Betriebe gilt, dass ihre Vergütung die für ihre Branche und Region geltenden tariflichen Sätze um maximal 20 % unterschreiten darf, solange die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung nicht unterschritten wird. Voraussetzung hierbei ist, dass der Tarifvertrag für das Ausbildungsverhältnis unmittelbar gelten würde, wenn der Ausbildungsbetrieb tarifgebunden wäre.
6 | vida ARBEITSWELT 4 - 2025 Die Regelung verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen die Chancen schwerbehinderter Menschen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden. Zum anderen schafft die Abgabe einen finanziellen Anreiz für Unternehmen, aktiv inklusiv einzustellen. Dennoch wird die Quote nicht überall ausgeschöpft – besonders kleine und mittlere Betriebe tun sich häufig schwer. Umso wichtiger sind Beratungs- und Förderangebote, die Unternehmen unterstützen und Inklusion nachhaltig stärken. PFLICHTQUOTE ZUR BESCHÄFTIGUNG SCHWERBEHINDERTER MENSCHEN Die Schwerbehindertenquote richtet sich nach der Anzahl der Arbeitsplätze im Unternehmen: Arbeitgeber Pflichtquote schwerbehinderter Beschäftigter ab 60 Arbeitsplätze 5 % 40 bis < 60 Arbeitsplätze 2 20 bis < 40 Arbeitsplätze 1 < 20 Arbeitsplätze keine MONATLICHE AUSGLEICHSABGABE FÜR 2025 Im Erhebungsjahr 2025 beträgt die Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber mit 60 oder mehr Beschäftigten monatlich je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz: • 155,00 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 % bis weniger als 5 %, • 275,00 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 % bis weniger als 3 %, • 405,00 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von mehr als 0 % bis weniger als 2 %, • 815,00 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0 %. Schwerbehindertenquote: AUSGLEICHSABGABE 2025 In Deutschland leben rund 7,9 Millionen Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung, das entspricht etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Um ihnen eine aktive Teilnahme am Arbeitsleben zu ermöglichen, müssen private und öffentliche Arbeitgeber eine bestimmte Quote an schwerbehinderten Menschen beschäftigten.
| 7 Arbeitgeber Beschäftigungsquote je unbesetztem Arbeitsplatz 60 und mehr Arbeitsplätze < 5 % 155,00 Euro < 3 % 275,00 Euro < 2 % 405,00 Euro 0 % 815,00 Euro 40 bis < 60 Arbeitsplätze < 2 155,00 Euro < 1 275,00 Euro 0 465,00 Euro 20 bis < 40 Arbeitsplätze < 1 155,00 Euro 0 235,00 Euro Wichtig: Die Ausgleichsabgabe ist dynamisch ausgestaltet und orientiert sich hierbei an der Entwicklung der so genannten Bezugsgröße. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt den Erhöhungsbetrag und die sich hieraus für das Folgejahr ergebenden Beträge der Ausgleichsabgabe im Bundesanzeiger bekannt. Ob 2026 neue Ausgleichsabgaben zu berücksichtigen sind, war bei Redaktionsschluss allerdings noch nicht bekannt. VERFAHREN Die Ausgleichsabgabe wird im Rahmen der sogenannten Selbstveranlagung erhoben. Arbeitgeber müssen jährlich überprüfen, ob sie die Beschäftigungspflicht erfüllt haben. Das Ergebnis müssen sie der Agentur für Arbeit mittels Software (www.iw-elan.de) per Internet oder in Papierformularen melden. Die Ausgleichsabgabe selbst geht an das jeweils örtlich zuständige Integrationsamt. Für beides, also die Meldung und die Überweisung läuft die Frist jeweils bis zum 31.03. für das Vorjahr. Somit endet die Frist für Meldung und Zahlung der Ausgleichsabgabe 2025 am 31.03.2026. Zu beachten: Da die Ausgleichsabgabe rückwirkend (für das vorangegangene Kalenderjahr) gezahlt wird, sind die seit Anfang 2025 zu berücksichtigenden neuen Abgaben erstmalig – bis Ende März 2026 – zu entrichten. Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich • 40 bis weniger als 60 Arbeitsplätzen müssen zwei schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Sie zahlen bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als zwei schwerbehinderten Menschen 155,00 Euro, bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem schwerbehinderten Menschen 275,00 Euro und bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von null schwerbehinderten Menschen 465,00 Euro je unbesetztem Arbeitsplatz. • 20 bis weniger als 40 Arbeitsplätzen müssen einen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Sie zahlen bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem schwerbehinderten Menschen 155,00 Euro monatlich und bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von null schwerbehinderten Menschen 235,00 Euro je unbesetztem Arbeitsplatz. • weniger als 20 Arbeitsplätzen sind nicht beschäftigungspflichtig. Sie zahlen keine Ausgleichsabgabe.
Arbeit & Aufträge des Bundes: Künftig nur bei Tariftreue Möchten Unternehmen künftig Aufträge des Bundes erhalten, müssen sie sich bei der Ausführung an Tarifbedingungen halten. Die Umsetzung dieser Vorgabe hat das Bundeskabinett kürzlich mit dem Entwurf für das Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht. Nach dem Kabinettsbeschluss ist vorgesehen, dass Unternehmen, die öffentliche Aufträge des Bundes ausführen, tarifvertragliche Mindestarbeitsbedingungen einhalten. Das soll unabhängig davon gelten, ob sie tarifgebunden sind oder nicht. Dementsprechend werden öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes grundsätzlich nur noch an Unternehmen vergeben werden, die sich verpflichten, den zur Auftragsausführung eingesetzten Arbeitnehmern die einschlägigen tariflichen Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Diese Regelung greift künftig für Aufträge und Konzessionen des Bundes grundsätzlich ab einem geschätzten Auftrags- oder Vertragswert von 50.000,00 Euro. Bisher ist es so, dass nicht tarifgebundene Unternehmen möglicherweise einen Wettbewerbsvorteil gegenüber tarifgebundenen Unternehmen haben, wenn sie sich um öffentliche Aufträge bemühen. Die Argumentation: Wer keine tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewährt, kann aufgrund geringerer Personalkosten Angebote zu günstigeren Konditionen erstellen. Dieser Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten soll eingeschränkt werden. Sturz von Klinik-Toilette kann unfallversichert sein In einem Krankenhaus kann eine Patientin beim Sturz von der Toilette unfallversichert sein. Dies hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts in einem aktuellen Urteil entschieden (Aktenzeichen B 2 U 6/23 R). Der Sachverhalt: Die Klägerin wurde in der Schlaganfallstation (Stroke Unit) eines Krankenhauses wegen einer Hirnblutung mit Sprachstörungen und Halbseitenlähmung auf Kosten einer Krankenkasse stationär behandelt. Am Unfalltag begleitete sie ein Pfleger ins Badezimmer, verließ aber den Raum, als die Klägerin auf der Toilette saß. Während des Badezimmeraufenthalts stürzte sie und verletzte sich am rechten Arm. Das Begehren auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls blieb bei der Beklagten und den Vorinstanzen erfolglos. Das Bundessozialgericht hat den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Zwar ist ein Toilettengang grundsätzlich der privaten Sphäre zuzurechnen. Unfallversicherungsschutz kann aber bestehen, wenn die Verletzung infolge einer krankenhaustypischen Gefahr oder unzureichender Sicherungsmaßnahmen eingetreten ist. Hierzu wird die Vorinstanz noch die nötigen Feststellungen zu treffen haben. 8 | vida ARBEITSWELT 4 - 2025
Oktober 2025 „Betriebliche Gesundheitsförderung“, kurz BGF, wird für die Unternehmen immer wichtiger. Daher exklusiv für Sie: | I BGFvida SPEZIAL Betriebliche Gesundheitsförderung Liebe Leserin, lieber Leser, viele Millionen Menschen weltweit leiden an Kopfschmerzen. Allein in Deutschland kämpfen vier bis fünf Prozent der Deutschen gegen tägliche Kopfschmerzen und sogar 70 Prozent leiden unter anfallsweisen oder chronisch immer wiederkehrenden Kopfschmerzen. Nach Rückenschmerzen sind sie die zweithäufigste Schmerzform und treten bei Erwachsenen wie auch Kindern auf. Nützliche Hinweise und Tipps, wie man Kopfschmerzen vermeiden bzw. lindern kann, finden Sie auf den folgenden Seiten. Für weitere Informationen zum Thema stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Ihre vivida bkk
Fit im Büro Mit Kopfschmerzen arbeiten? Eine echte Qual! Doch fast jeder Deutsche muss gelegentlich oder auch häufiger damit kämpfen. Als wohl wichtigster Auslöser gilt zwar Stress, doch auch falsche Ernährungs- und Trinkgewohnheiten können ihn verursachen. Wie Sie Kopfschmerzen in Zukunft vermeiden und was schnell lindert – hier die wichtigsten Tipps. Kaum einer bleibt davon verschont. Denn etwa 45 Millionen Deutsche klagen gelegentlich oder sogar regelmäßig über Kopfschmerzen. Dann die volle Konzentration und Arbeitsleistung abzurufen, ist kaum möglich. Ein echtes Problem. Zumal kaum ein anderer Schmerz so mannigfaltig ist wie der im Kopf. Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft hat 176 verschiedene Arten von Kopfschmerz definiert – wobei es zwei Hauptgruppen gibt: Zum einen primäre Kopfschmerzen wie Spannungskopfschmerz (90 % der Kopfschmerzen) und Migräne, zum anderen sekundäre Kopfschmerzen durch Erkrankungen (z.B. Stirnhöhlenentzündung). Kopfschmerzen sind immer EIN WARNSIGNAL DES KÖRPERS Er signalisiert uns damit: Irgendetwas stimmt nicht! Und meist zeigt der Schmerz auch die gefährdete Region des Körpers an. Ist kein spezielles Areal oder ein bestimmtes Organ betroffen, liegt eine Störung im System der Schmerzentstehung, -weiterleitung und -verarbeitung vor. Bei der mit Abstand am häufigsten Form des Schmerzes – dem Spannungskopfschmerz – wird beispielsweise eine vermehrte Anspannung der Stirn- und Nackenmuskeln vermutet. Dann können sich Betroffene kurzzeitig mit Schmerzmitteln Linderung verschaffen; bei Spannungskopfschmerz helfen z.B. die Wirkstoffe Ibuprofen oder Paracetamol. Beachten Sie aber bitte: Die Tabletten- Einnahme sollte auf maximal zehn Tage pro Monat (ohne ArztKontrolle) beschränkt bleiben! Sonst droht ein so genannter medikamenten-induzierter Kopfschmerz. BGF vida SPEZIAL Betriebliche Gesundheitsförderung II |
Kopfschmerzen? Was noch hinter dem KOPFSCHMERZ STECKEN KANN Blutdruck checken: Hinter Kopfschmerzen kann ein erhöhter Blutdruck (Hypertonie) stecken. Kontrollieren Sie während der Kopfschmerz-Attacke – wenn möglich – Ihren Blutdruck. Ergeben die Messungen während der Kopfschmerzen mehrmals Werte von deutlich über 140/90 mmHg, sollten Sie Ihren Hausarzt aufsuchen. Ein erhöhter Blutdruck muss unbedingt ernstgenommen werden; er schädigt auf Dauer die Blutgefäße und erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. An Hormonschwankungen denken: Unter Kopfschmerzen (und Migräne) leiden Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer, zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr sogar dreimal so oft. Zudem sind Heftigkeit und Dauer der Schmerzen in diesem Lebenszeitraum auch noch deutlich stärker ausgeprägt als bei Männern. Die Ursachen sind bis heute nicht restlos geklärt. Oft liegt es an den Hormonschwankungen der Frau im Periodenzyklus oder an den hormonellen Veränderungen in und nach den Wechseljahren. Auch die Ersteinnahme von Verhütungsmitteln oder Änderungen im Schlaf-WachRhythmus können Kopfschmerzen nach sich ziehen. Ein Ess-Tagebuch „entlarvt“ INDIVIDUELLE TRIGGER Da Kopfschmerzen durch bestimmte Nahrungsmittel bzw. Nahrungsmittelzusätze – so genannte Trigger – ausgelöst werden können, empfiehlt sich für einen bestimmten Zeitraum ein Ess-Tagebuch. Es hilft dabei, die ganz individuellen Trigger zu „entlarven“. Warum Sie Ihre ESSGEWOHNHEITEN CHECKEN SOLLTEN Wer immer mal wieder Kopfschmerzen hat und keine rechten Ursachen dafür erkennen kann, sollte sein Augenmerk auf die tägliche Ernährung richten. Denn man weiß heute, dass auch bestimmte Nahrungsmittel wie spezielle Käsesorten, Südfrüchte, Schokolade, Alkohol (u.a. Rotwein) und Medikamente (z.B. Nitroglycerin) Kopfschmerzen auslösen können. Ähnlich kritisch sind bestimmte Amine und Nitrate in Wurst oder Fertigprodukten. Diese Konservierungsstoffe können Entzündungen auslösen. Aber auch eigentlich gesunde Lebensmittel wie Tomaten, Quark, Eier, Sojaprodukte oder Getreide können individuell Kopfschmerz verursachen. Zudem vermuten Experten inzwischen auch einen Zusammenhang von Übergewicht und Kopfschmerzattacken. Deshalb sollten Menschen, die häufig davon geplagt werden, ggf. Übergewicht reduzieren und/oder Normalgewicht halten. DIE RICHTIGE STRATEGIE HILFT WEITER! Und so wird es geführt: Notieren Sie in einem speziell dafür angelegten Buch Tag und Uhrzeit, wann bei Ihnen Kopfschmerzen auftreten, alle Nahrungsmittel, die Sie an diesem Tag gegessen haben und unterstreichen Sie alles, was sich an Schmerz-Tagen wiederholt. Lassen Sie diese Produkte künftig weg. | III
IV | vida ARBEITSWELT 4 - 2025 Ess-Strategien & Trink-Gewohnheiten, DIE KOPFSCHMERZEN VERHINDERN Regelmäßig FETTARM SNACKEN: Auch ein absinkender Blutzuckerspiegel kann Kopfschmerzen verursachen. Daher am besten fünf Mahlzeiten über den Tag verteilen, mit vielen komplexen Kohlenhydraten, aber wenig Fett. VIEL MAGNESIUM für Muskeln und Nerven: Dieses Mineral sorgt für entspannte Muskeln und ruhige Nerven. Erfreulich viel Magnesium steckt in Vollkorn, grünem Gemüse sowie Nüssen. Die Tagesdosis von 300 mg steckt zum Beispiel in 100 Gramm frischen Weizenkeimen. REICHLICH VITAMIN B 2 essen: Dieses auch Riboflavin genannte Vitamin ist sehr wichtig für den Abbau von Fett und Eiweiß aus der Nahrung. Hoch konzentriert hilft es bei Migräne. Es sollte aber auch von Kopfschmerz-Patienten ausreichend zugeführt werden. Der Tagesbedarf liegt bei 1,0 - 1,5 mg. Vitamin B 2 steckt z.B. in Kresse, Kohl, Hefe, Champignons, Vollkornprodukten. AMINE möglichst meiden: So genannte biogene Amine stecken in bestimmten Nahrungsmitteln und können Kopfschmerzen auslösen. Sie befinden sich in reifem Käse, Rotwein, Pökelfleisch oder Geschmacksverstärkern. DOPPELTER ESPRESSO fürs Gehirn: Das Koffein erweitert die Gehirngefäße, regt die Durchblutung an und vertreibt damit Kopfschmerzen. Am besten einen doppelten Espresso (bekömmlicher als Kaffee) mit einem Spritzer Zitronensaft trinken. FRISCHES ESSEN hält den Kopf frisch: Achten Sie generell auf vitamin- und ballaststoffreiche Kost. Kochen Sie möglichst selbst. So umgehen Sie versteckte Konservierungsstoffe. Zudem gilt: Selten Alkohol, kein Nikotin. Beides sind Nervengifte. GENÜGEND TRINKEN für die Kaliumzufuhr: Häufig steckt hinter Kopfschmerzen ein Mangel an Flüssigkeit. Trinkt man zu wenig, wird das Blut dick und die Sauerstoffversorgung der Zellen (vor allem der Gehirnzellen) stockt. Die Folge sind Kopfschmerzen. Vor allem stressbedingter Kopfschmerz lässt sich gut mit Mineralwasser vertreiben. Das darin enthaltene Kalium, Eisen und Natrium kurbelt den Austausch von Nervenbotenstoffen an. Vorbeugend sollten es zwei Liter (Mineralwasser, ungesüßte Früchtetees) pro Tag sein. Unter Kopfschmerz sollte die Trinkmenge sogar mindestens drei Liter betragen. BGFvida SPEZIAL Betriebliche Gesundheitsförderung
| 9 ZAHLEN/DATEN/ FAKTEN Pflege und Teilrente: Rentenerhöhung möglich Menschen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und einen Angehörigen pflegen, können mit einer Teilrente ihre Rente erhöhen. Hierüber informiert die Deutsche Rentenversicherung in einer Presseinformation. Beim Bezug einer Vollrente zahlt die Pflegekasse nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. In einem solchen Fall ist es deshalb von Vorteil, eine Teilrente in Höhe von 99,99 Prozent zu beziehen. Dann zahlt die Pflegekasse auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung. Zum 1. Juli des Folgejahres erhöhen diese Beiträge dann die Rente im Rahmen der Rentenanpassung. Es lohnt sich deshalb, auf den geringen Anteil von 0,01 Prozent der Rente zu verzichten. Die Deutsche Rentenversicherung rät aber, sich vorab über mögliche Auswirkungen auf eine vorhandene betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber oder der Versorgungseinrichtung zu informieren. Nach Ende der Pflegetätigkeit kann die Vollrente wieder beantragt werden. Alle Infos zu Teilrente und Pflege bietet die kostenlose Broschüre „Rente für Pflegepersonen: Ihr Einsatz lohnt sich“. Rat gibt es auch am kostenlosen Servicetelefon der Rentenversicherung unter 0800 1000 4800. forderung zu sein: 57 Prozent gaben an, dass ihre Arbeit ihr Gehirn fit halte. Aber auch der soziale Aspekt spielt eine große Rolle – 37 Prozent der älteren Beschäftigten schätzen die Kontakte am Arbeitsplatz. Die Umfrage zeigt zudem, dass 18 Prozent der Menschen über 65 noch in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten, entweder angestellt oder selbstständig. Im Vergleich dazu sind es bei den 50- bis 64-Jährigen noch 63 Prozent. Viele der älteren Arbeitnehmer sind zudem zufrieden mit ihrer Situation: 88 Prozent gaben an, dass sie mit ihrer Arbeit sehr oder größtenteils glücklich sind. Doch nicht jeder kann oder möchte weiterarbeiten. Manche empfinden die Tätigkeit als körperlich zu anstrengend – das gaben 13 Prozent der Befragten an. Ein weiteres Hindernis ist Altersdiskriminierung: 11 Prozent berichteten, dass sie sich am Arbeitsplatz wegen ihres Alters benachteiligt fühlten. Fördert Arbeiten im Rentenalter die Gesundheit? Viele Menschen freuen sich auf die Rente, doch für einige ist das Berufsleben auch nach dem 65. Lebensjahr noch nicht vorbei – und das hat laut einer aktuellen Umfrage in den USA gesundheitliche Vorteile. Viele ältere Beschäftigte berichten, dass Arbeit nicht nur ihre finanzielle Situation verbessert, sondern auch ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden. Hierüber informiert aponet. de, das offizielle Gesundheitsportal der deutschen ApothekerInnen, in einer Pressemitteilung. Von den Menschen ab 65, die noch berufstätig sind, berichten 32 Prozent von positiven Auswirkungen auf ihre körperliche Gesundheit. Noch mehr, nämlich 41 Prozent, sagen, dass ihre psychische Gesundheit von der Arbeit profitiert. Fast 40 Prozent der Befragten fühlen sich durch ihre berufliche Tätigkeit insgesamt wohler. Ein besonders wichtiger Faktor scheint dabei die geistige Heraus-
10 | vida ARBEITSWELT 4 - 2025 Teilzeitbeschäftigung: Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung
| 11 Beitragsrechtliches Entstehungsprinzip Beitragsansprüche entstehen in der Sozialversicherung, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Laufendes Arbeitsentgelt ist hiernach auch dann beitragspflichtig, wenn es zwar nicht gezahlt wird, aber ein arbeitsrechtlicher Anspruch darauf besteht. Dies gilt auch für tarifvertraglich, betrieblich oder einzelvertraglich vereinbarte Mehrarbeitszuschläge. In der Vergangenheit war der in Tarifverträgen geregelte Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte, der nicht für jede Mehrarbeit, sondern erst bei einer die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschreitenden Mehrarbeit bestehen sollte, wiederholt Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Umstritten war, ob derartige Regelungen gegen das Verbot der Diskriminierung von Beschäftigten aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) und der europäischen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie EGRL 81/97 verstoßen, weil darin eine unzulässige Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten besteht. Diskriminierungsverbot bei Teilzeitbeschäftigung Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbar vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht (§ 4 Abs. 1 TzBfG). Der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung für Teilzeitbeschäftigte war in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand der höchstrichterlichen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Die beitragsrechtlichen Konsequenzen daraus wurden von den Sozialversicherungsträgern mehrfach erörtert.
12 | vida ARBEITSWELT 4 - 2025 für jede Mehrarbeit von einem Anspruch auf Zuschläge ausgegangen werden, wenn zweifellos der Zweck verfolgt wird, Einbußen der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit zu belohnen und Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Beschäftigten abzuhalten (vgl. Punkt 4 der Niederschrift über die Besprechung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 18.03.2020). Aktuelle Rechtsprechung In der Folge haben der EuGH (Urteile vom 19.10.2023 – C 660/20 – sowie vom 29.07.2024 – C-184/22 und C-185/22 –) und das BAG (Urteile vom 05.12.2024 – 8 AZR 370/20 und 8 AZR 372/20) klargestellt, dass eine tarifvertragliche Regelung gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter verstößt, wenn Zuschläge für die Mehrarbeit Teilzeitbeschäftigter erst bei Überschreiten der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten gezahlt werden, ohne dass die dafür angeführten Gründe als sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung der Mehrarbeit von Voll- und Teilzeitbeschäftigten angesehen werden können. Frühere Festlegungen der Sozialversicherungsträger Die Sozialversicherungsträger hatten aus fünf Urteilen des BAG vom 19. Dezember 2018 (u. a. 10 AZR 231/18) abgeleitet, dass Teilzeitbeschäftigte auch dann einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für die über die Teilarbeitszeit unmittelbar hinaus geleistete Mehrarbeit haben, wenn tarifvertragliche, betriebliche oder einzelvertragliche Regelungen Mehrarbeitszuschläge erst für die, die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschreitende, Mehrarbeit vorsehen (vgl. Punkt 3 der Niederschrift über die Besprechung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 20.11.2019). Die BAG-Urteile wurden in der folgenden Rechtsprechung kontrovers aufgegriffen. Daraus zeichnete sich für die Prüfung eines Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung wegen Teilzeitbeschäftigung eine Differenzierung nach der jeweiligen konkreten Zweckbestimmung der Mehrarbeitszuschläge ab. Die Sozialversicherungsträger haben dies berücksichtigt. Daher sollte bis zu der anstehenden weiteren Rechtsprechung des EuGH und BAG bei Teilzeitbeschäftigten nur dann
| 13 Keine sachlichen Gründe Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liege hiernach weder in dem unterschiedlichen Arbeitspensum von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten noch allein darin, dass sie in einer entsprechenden Regelung (z. B. in einem Tarifvertrag) vorgesehen ist. Die Ungleichbehandlung könne auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, mit der Regelung den Arbeitgeber davon abzuhalten, für Beschäftigte Mehrarbeit anzuordnen und zudem zu verhindern, dass Vollzeitbeschäftigte gegenüber Teilzeitbeschäftigten schlechter behandelt werden. Denn zum einen würde die Regelung für den Arbeitgeber einen finanziellen Anreiz zur Anordnung von Mehrarbeit bei Teilzeitbeschäftigten statt bei Vollzeitbeschäftigten darstellen und somit das Gegenteil bewirken. Zum anderen würden Vollzeitbeschäftigte in Bezug auf die Vergütung für die Mehrarbeit nicht schlechter, sondern nach dem für Teilzeitbeschäftigungen geltenden Pro-rata-temporis-Grundsatz (Arbeitsentgeltanspruch im Verhältnis zur Arbeitszeitquote) gleichbehandelt wie Teilzeitbeschäftigte, wenn diese für Mehrarbeit, die über ihre individuell vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet werden, einen Zuschlag erhalten. Sachliche Gründe Die Ungleichbehandlung könne aber sachlich gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Dabei müsse die unterschiedliche Behandlung durch das Vorhandensein genau bezeichneter, konkreter Umstände gerechtfertigt sein, die die betreffende Beschäftigungsbedingung in ihrem speziellen Zusammenhang und auf der Grundlage objektiver und transparenter Kriterien kennzeichnen, um sichergehen zu können, dass die unterschiedliche Behandlung einem echten Bedarf entspricht und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. Solche Umstände könnten sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung Teilzeitverträge geschlossen wurden, und ihren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels ergeben. Dabei müsse der sachliche Grund nicht ausdrücklich genannt sein, sondern könne sich auch im Wege der Auslegung, beispielsweise aus der Systematik eines Tarifvertrags anhand von Anspruchsvoraussetzungen, Ausschließungs- und Kürzungsregelungen, ergeben. Dabei könne z. B. der ausdrückliche Schutz der Beschäftigten vor übermäßiger – körperlicher und/oder psychischer – Belastung, die die Tarifvertragsparteien in der Grenze der Vollzeit und einer mit ihrer Überschreitung unangemessenen Dauer der Arbeitszeit sehen, einen sachlichen Grund darstellen. Beitragsrechtliche Konsequenzen Nach Auffassung der Sozialversicherungsträger erfordern die sich aus dieser Rechtsprechung abzeichnenden Anforderungen an die arbeitsrechtliche Prüfung von Ansprüchen auf Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte eine arbeitsrechtliche Expertise, die bei den Arbeitsgerichten und nicht den Sozialversicherungsträgern liegt. Die Sozialversicherungsträger haben daher ihre vorherige Festlegung aufgehoben. Beitragsforderungen aufgrund möglicher Ansprüche auf Mehrarbeitszuschläge sollen demnach nur dann erhoben werden, wenn die betreffenden Sachverhalte arbeitsgerichtlich geklärt sind oder deren Beurteilung aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung rechtssicher abgeleitet werden kann (vgl. Punkt 4 der Niederschrift über die Besprechung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 21.05.2025).
Chancen und Grenzen KI-Agenten im Unternehmen 14 | vida ARBEITSWELT 4 - 2025
KI-Agenten eröffnen Unternehmen spannende Chancen, Prozesse zu automatisieren und Mitarbeitende zu entlasten. Sie sind besonders dort sinnvoll, wo Routinetätigkeiten dominieren und Daten die Grundlage bilden. Gleichzeitig dürfen ihre Grenzen nicht übersehen werden: Kreativität, Verantwortung und Empathie bleiben fest in menschlicher Hand. Die Kunst liegt also darin, KI-Agenten nicht als Ersatz, sondern als intelligente Ergänzung einzusetzen – damit Mensch und Maschine gemeinsam produktiver, innovativer und erfolgreicher arbeiten können. Erfolgsfaktoren für den Einsatz Damit der Einsatz von KI-Agenten erfolgreich gelingt, ist eine durchdachte Einführung entscheidend. Es empfiehlt sich, zunächst mit kleineren Pilotprojekten in klar abgegrenzten Bereichen zu beginnen. Dabei sollten die Mitarbeitenden frühzeitig einbezogen werden, um Akzeptanz zu schaffen und mögliche Ängste abzubauen. Transparente Regeln und klare Verantwortlichkeiten helfen, Vertrauen in die neuen Systeme aufzubauen. Zudem ist eine kontinuierliche Kontrolle wichtig: Nur wenn die Ergebnisse regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, können die Potenziale langfristig ausgeschöpft werden. Was sind KI-Agenten? Ein KI-Agent ist ein System, das nicht nur auf einzelne Fragen reagiert, sondern eigenständig Ziele verfolgt. Während klassische Software strikt nach Vorgaben arbeitet, können KI-Agenten flexibel reagieren. Sie analysieren Informationen, treffen einfache Entscheidungen und führen Handlungen in digitalen Umgebungen aus. Ein Beispiel: Ein Vertriebsagent könnte automatisch neue Leads recherchieren, E-Mails verfassen und Termine vorschlagen – ohne dass ein Mensch jeden Schritt anstoßen muss. Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen Die denkbaren Einsatzfelder sind vielfältig und reichen quer durch alle Unternehmensbereiche. Im Kundendienst können KI-Agenten Standardanfragen rund um die Uhr beantworten, wodurch ServiceTeams entlastet und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Im Personalwesen unterstützen sie bei der automatisierten Vorauswahl von Bewerbungsunterlagen oder organisieren Vorstellungsgespräche. Auch im Finanz- und ControllingBereich lassen sich Routineaufgaben wie die Prüfung von Eingangsrechnungen oder die Überwachung von Budgets durch KI-Agenten erledigen. In der IT wiederum könnten selbstheilende Systeme eingesetzt werden, die Störungen erkennen und einfache Fehler direkt beheben, bevor sie größere Probleme verursachen. Künstliche Intelligenz (KI) ist längst keine Zukunftsvision mehr, sondern bereits in vielen Unternehmen Realität. Neben bekannten Anwendungen wie Chatbots oder Sprachassistenten rückt derzeit eine neue Form intelligenter Systeme in den Fokus: sogenannte KI-Agenten. Sie versprechen, komplexe Aufgaben eigenständig zu übernehmen und ganze Prozesse zu unterstützen. Doch was bedeutet das konkret, wo liegen die Potenziale – und wo die Grenzen? Vorteile des Einsatzes Der Einsatz von KI-Agenten bringt zahlreiche Vorteile mit sich. An erster Stelle steht die Effizienzsteigerung: Routinearbeiten, die bisher viel Zeit in Anspruch nahmen, können schneller und zuverlässiger erledigt werden. Zudem sind KIAgenten ständig verfügbar und arbeiten auch außerhalb der üblichen Bürozeiten. Dies kann nicht nur zu Kosteneinsparungen führen, sondern auch dazu beitragen, dass Mitarbeitende sich stärker auf kreative und strategische Aufgaben konzentrieren können. Darüber hinaus können KI-Agenten Informationen sammeln, strukturieren und für das Unternehmen nutzbar machen, wodurch ein besseres Wissensmanagement entsteht. Grenzen und Risiken So verheißungsvoll die Möglichkeiten klingen – es gibt klare Grenzen und Risiken, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. KI-Agenten basieren auf Daten. Sind diese fehlerhaft oder unvollständig, besteht die Gefahr, dass Entscheidungen falsch getroffen werden. Zudem sind die Prozesse und Entscheidungswege innerhalb von KI-Systemen oft schwer nachvollziehbar, was zu einem sogenannten Black-Box-Problem führt. Auch der Datenschutz spielt eine zentrale Rolle, da beim Umgang mit sensiblen Daten höchste Sicherheitsstandards eingehalten werden müssen. Nicht zuletzt ist die Akzeptanz entscheidend: Nur wenn Mitarbeitende Vertrauen in die Systeme entwickeln, kann deren Potenzial voll ausgeschöpft werden. Außerdem bleibt klar, dass kreative, empathische und ethisch sensible Tätigkeiten weiterhin in menschlicher Hand liegen sollten. Fazit | 15
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