Perspektive Arbeitswelt 04/2022

| 13 VEREINBARKEIT VON FAMILIE, PFLEGE UND BERUF Im Juni 2019 hat die Europäische Union die „Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ verabschiedet. Sie gibt europaweit einheitliche Mindeststandards vor, um Eltern und pflegenden Angehörigen die Vereinbarkeit von Be- ruf und Familienleben zu erleichtern. Die Vorgaben der Richtlinie sehen vor, dass alle EU-Mitgliedsstaaten die Mindestvorgaben bis August 2022 in nationales Recht umsetzen. Viele Mindeststandards, die die EU-Richtlinie vorgibt, sind in Deutschland bereits durch die Eltern- und Pflege­ zeit, die Familienpflegezeit und das Elterngeld abgedeckt. Zur vollständigen Umsetzung der EU-Richtlinie hat die Bundesregierung das „Gesetz zur weiteren Umsetzung der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie in Deutschland (Vereinbarkeitsrichtlinienumsetzungsgesetz – VRUG)“ auf den Weg gebracht. Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. PFLEGEZEIT UND FAMILIENPFLEGEZEIT Der gesetzliche Anspruch auf Pflegezeit und Familien- pflegezeit ist an die Unternehmensgröße gekoppelt. Hat der Betrieb weniger als 16 Beschäftigte, besteht kein Rechtsanspruch auf die Pflegezeit. Hieran ändert sich auch mit dem VRUG nichts. Allerdings werden die Rechte von Beschäftigten in Kleinunternehmen gestärkt und einige Regelungen auf Kleinunternehmen übertragen, die bislang nur für Un- ternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten gelten: • Beschäftigte, die den Abschluss einer Vereinbarung über eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegezeitgesetz beantragen, er- halten künftig innerhalb einer Frist von vier Wochen eine Antwort des Arbeitgebers. Im Fall einer Ableh- nung des Antrags ist die Ablehnung zu begründen. • Beschäftigte können die Freistellung künftig vorzeitig beenden, wenn die oder der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist. • Für Beschäftigte wird ein Kündigungsschutz für die Dauer der vereinbarten Freistellung eingeführt. Elternzeit Im Rahmen des Gesetzes zum Elterngeld und zur Eltern- zeit können Beschäftigte eine Verringerung der Arbeits- zeit und ihre Verteilung beantragen. Arbeitgeber, die diesen Antrag ablehnen, müssen ihre Entscheidung in- nerhalb von vier Wochen begründen. Hierdurch sollten die Umstände, die zur Ablehnung des Antrages geführt haben, für die betroffenen Eltern transparent werden. Erweiterung der Aufgaben der Antidiskriminierungsstelle nach dem AGG Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wird auch für Fragen der Diskriminierung, die im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige fallen, für zuständig be- stimmt.

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